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App-Tipp: Raycast

Raycast

Update vom 10.05.2023:
Kaum habe ich diesen Artikel veröffentlicht, schon gibt es Änderungen. Ab heute existiert ein neuer Pro-Tarif für 8 US-Dollar im Monat bei jährlicher Zahlung, der die AI-Features (s.u.), eine Sync-Funktion zwischen mehreren Macs, unbegrenzt alte Zwischenablagen und Themes unterstützt. Das sind alles neue Funktionen, d.h., die App ist im bisherigen Umfang, der ja sehr groß ist, auch weiterhin kostenlos nutzbar. Von daher ist es begrüßenswert, wenn Apps ein tragfähiges Geschäftsmodell haben. Dass die AI-Funktionen nur in der Beta kostenlos sein werden, hatte ich ja im Artikel bereits erwähnt.

Sogenannte Launcher nutze ich gefühlt fast so lange wie macOS selbst. Es sind kleine Eingabezeilen, die sich auf eine Tastenkombination hin in der Regel in der Bildschirmmitte öffnen und mit denen sich so ziemlich alles an einem Mac durch Eingabe eines App-Namen oder Kommandos lostreten läßt:

  • Apps
  • Kurzbefehle
  • Suchen im Dateisystem
  • Systemaktionen wie Ruhezustand, Bildschirmschoner, Bildschirmsperre oder das Herunterfahren
  • Aufruf von Webseiten oder Web-Suchen
  • kleine Berechnungen oder Umrechnungen
  • neuerdings Fragen an Bots wie ChatGPT
  • und sehr vieles mehr

Apple liefert mit Spotlight sogar etwas mit, was man durchaus als Launcher bezeichnen könnte. Allerdings haben die großen Drittanbieter-Produkte einen viel höheren Funktionsumfang. Warum benötigt man überhaupt sowas? Ganz einfach: Wer überwiegend mit der Tastatur arbeitet, braucht dann für viele Aktionen wie das Starten einer weiteren App nicht mehr zur Maus greifen und spart über den Tag gerechnet so eine Menge Zeit.

Bisher hatte ich die Launcher LaunchBar (bis ca. Ende 2019) und dann Alfred (bis vor kurzem) im Einsatz und nun ist es – die Überschrift hat es verraten – Raycast. Ich hatte Alfred und Raycast ein paar Monate im Parallelbetrieb und fühlte mich mehr und mehr zu Raycast hingezogen. Schließlich habe ich dann so spannende Feinheiten an dem Raycast-Produkt entdeckt, dass ich Alfred abgeschaltet habe.

Raycast-Einführung

Raycast (macOS, kostenlos für viele Nutzer, Produktseite) verdient sein Geld derzeit über Team-Lizenzen und ist damit für Einzelnutzer deutlich günstiger als Alfreds Powerpack, was nötig ist, um die App sinnvoll zu nutzen. Das war für mich aber kein Grund umzusteigen, denn ich besitze seit längerem eine Lifetime-Lizenz für Alfred. Nein, es ist viel mehr ein sehr ausgewogener und durchdachter Funktionsumfang verknüpft mit einem modernen Design und vielen möglichen Erweiterungen aus einem direkt integriertem Store.

Die Tastenkombination, welche natürlich systemweit eindeutig sein muss, mit der das Raycast-Eingabefenster aufgerufen wird, ist freilich einstellbar. So ist durchaus ein Parallelbetrieb von Raycast, Spotlight und wenn benötigt auch Alfred möglich. Ich nutze allerdings Cmd-Space – wie immer für meinen primären Launcher – und habe Spotlight auf Ctrl-Space verbannt. Das Standardfenster sieht so aus:

Raycast-Fenster (Screenshot)

Es ist standardmäßig deutlich größer als die Fenster von Spotlight oder Alfred, kann aber in den Einstellungen auf eine kompakte Form reduziert werden. Mein Highlight ist hier der Favoriten-Abschnitt, den man für Status-Anzeigen nutzen kann, wie im Falle dieses Screenshots, wo ausgewiesen wird, für welches Projekt gerade meine Zeiterfassung läuft.

Durch eine Befehlseingabe reduzieren sich wie bei Launchern üblich dann die Auswahlmöglichkeiten auf die Dinge, die zur bisherigen Eingabe passen:

laufende Befehlseingabe in Raycast (Screenshot)

Praktischerweise wird jeweils ganz rechts angezeigt, um was für eine Art Treffer es sich handelt, z.B. „Application“ (macOS-Programm), „Shortcut“ (Kurzbefehl) oder „Command“ (eingebauter oder durch eine Erweiterung hinzugefügter Befehl). Die Reihenfolge richtet sich dabei auch danach, wie oft wir eine solche Aktion aufrufen.

Wollen wir, dass eine Aktion nicht in Raycast auftaucht, z.B. ein Kurzbefehl, der nur für iPhones geeignet ist, können wir diese in den Einstellungen unter „Extensions“ deaktivieren, indem wir den Haken bei „enabled“ für diese Aktion (es sind dort alle aufgelistet) entfernen. So können wir die Trefferliste auf das wirklich Sinnvolle reduzieren.

Bleibt durch weitere Eingaben keine Aktion mehr übrig, können wir eine der definierbaren (auch bezüglich der Reihenfolge) Standardaktionen („fallback commands“) lostreten:

Raycast Standardaktionen (Screenshot)

Standard-Aktionen

Wie wir oben gesehen haben, unterstützt Raycast im Gegensatz zu Alfred das Ausführen von Kurzbefehlen direkt durch Eingabe des Namens. Aber auch viele Umrechnungen sind direkt möglich:

Umrechnung in Raycast  (Screenshot)
Umrechnung in Raycast  (Screenshot)

Einfache Rechenoperationen wie „4*125“ oder „52% of 800“ sind natürlich sowieso möglich.

Natürlich werden auch zahlreiche Systemkommandos unterstützt, wie z.B.

  • Empty Trash (Papierkorb leeren)
  • Lock Screen (Bildschirm sperren)
  • Shut Down (Mac herunterfahren)
  • Sleep (Mac in den Ruhezustand versetzen)
  • Toggle Mute (Sound ein/aus)
  • und noch einige mehr

Der Befehl „Switch Window“ zeigt eine Liste alle offener Fenster, sodass wir gezielt zu einem anderen wechseln können. In diesem Zusammenhang wird ein anderes Feature von Raycast wichtig, wir können jeder Aktion auch einen systemweiten Hotkey zuweisen. Genau das ist in diesem Zusammenhang sinnvoll, „Switch Window“ liegt bei mir auf Feststell-W (W für Window). D.h., ich komme zur besagten Fensterliste, ohne dass das Raycast-Befehlsfenster überhaupt geöffnet sein muss. Hab ich viele Fenster auf, kann ich die Liste sogar durchsuchen.

Apropos Fenster: Es sind eine ganze Reihe Kommandos an Bord, um das aktive Fenster an eine bestimmte Position zu bringen:

Raycast Fenster-Kommandos (Screenshot)

Auch hier es sinnvoll, häufig benötigten Positionen/Größen Hotkeys zuzuweisen. Raycast ist somit auch ein Fenstermanager.

Datei-Management

Wie in Spotlight können wir natürlich auch nach Dateien suchen, um mit diesen dann Dinge zu tun:

Datei-Management in Raycast (Screenshot)

Solche Menüs, wie das hier unten rechts, welches Aktionen zum jeweiligen Treffer anbietet, öffnen wir mit Cmd-K. Das geht an ganz vielen Stellen in Raycast.

Multi-Zwischenablagen

Frei nach Loriot: Ein Leben ohne mehrere Zwischenablagen ist möglich, aber sinnlos. Raycast speichert vergangene Zwischenablagen-Einträge, sodass wir auch ältere Inhalte wieder einfügen können. Auch hier macht es wieder Sinn, dem Feature eine eigene Tastenkombination zuzuweisen (ich habe die genommen, welche in vorher in Alfred hatte, der ein ähnliches Feature anbietet):

Multi-Zwischenablage in Raycast (Screenshot)

Wir sehen links eine Liste alter Zwischenablagen und rechts eine Vorschau des ausgewählten Eintrags. Einträge können durchsucht und nach Typ (Text, Bilder, …) gefiltert werden.

Kalender, Erinnerungen und Kontakte

Mit dem Befehl „My Schedule“ können wir uns direkt in Raycast unseren Kalender anzeigen lassen:

Kalender in Raycast (Screenshot)

Unmittelbar vor einem Termin wird dieser auch ohne Befehlseingabe im Eingabefenster angezeigt. Für Erinnerungen gibt es den analogen Befehl „My Reminders“. In dieser Ansicht kann Raycast über das Cmd-K-Menü auch neue Erinnerungen erzeugen.

Auch eure Kontakte könnt ihr in Raycast finden und mit dem Cmd-K-Menü dann auch direkt kontaktieren:

Kontaktsuche in Raycast (Screenshot)

Quicklinks in Raycast sind im Prinzip das, was in Alfred als „Web Search“ bezeichnet wird. Mit einem Quicklink kann ich z.B. eine Suche in meinem Blog lostreten. Dazu schaue ich mir die Websadresse an, nachdem eine Suche gestartet wurde und ersetze zur Definition des Quicklinks den Suchbegriff in der URL durch {Query}:

Quicklink in Raycast (Screenshot)
Bitte anklicken/antippen für größere Version

In diesem Screenshot sehen wir übrigens, ein weiteres – generelles – Feature von Raycast. Ich kann für jede Aktion auch ein Alias vergeben. Der macht Aktionsnamen im Idealfall sehr schnell eindeutig, sodass ich eine Suche in meinem Blog mit „sj Suchbegriff“ lostreten kann („sj“ soll dabei für „Suche auf jasinski.info“) stehen.

Der Name „Web Search“ in Alfred ist IMHO etwas unglücklich gewählt, weil auch Apps URL-Schemata haben können, die ich mitunter auch für Quicklinks nutze.

Snippets

Wie Alfred hat auch Raycast eine Snippet-Funktion, die Textkürzel wie „mfg“ in die jeweilige Langform „mit freundlichem Gruß“ überführen kann. Das spart eine Menge Zeit und es gibt auch Platzhalter für den Inhalt der Zwischenablage, die Cursor-Position und Datum/Uhrzeit in verschiedenen Varianten. Ich nutze allerdings Keyboard Maestro für Snippets, daher habe ich keine in Raycast. Wer dieses Feature verwenden möchte, findet alle Einzelheiten in der Dokumentation, die auch nochmal alle bisher vorgestellten Funktionen näher erläutert.

Menü-Einträge

Mit Raycast können wir auch die Menü-Einträge der im Vordergrund laufenden App durchsuchen und der jeweilige Punkt dann ausführen. Somit lassen sich Apps mit sogenannten Command-Bars nachrüsten, was auch ein großer Zeitsparer sein kann. Hier ist übrigens wieder sehr sinnvoll, einen Hotkey für das Feature festzulegen.

Menü-Suche für OmniFocus (Screenshot)
Menü-Suche für OmniFocus

Emojis

Raycast bietet eine Funktion, Emojis zu suchen und in die aktive App einzufügen. Auch hier ist es ratsam, dem Feature einen eigenen Hotkey zuzuweisen, ich habe mich für Feststell-E (E für Emoji) entschieden. Wir gelangen dann zu dieser Ansicht:

Emoji-Suche in Raycast (Screenshot)

Schwebende Notiz

Und dann gibt es auch noch einen schwebenden Notizzettel, der bei mir den Notizblock aufm Schreibtisch ersetzt hat. Am besten aktiviert man ihn – ihr ahnt es – mit einem eigenem Hotkey:

Schwebende Notiz in Raycast (Screenshot)

Seine Farbe ist anpassbar und er hat oben rechts ein kleines Share-Sheet.

AI-Beta

Diese Funktion gibt es nur als Beta und steht nur auf Einladung zur Verfügung. Ich möchte sie daher nur kurz erwähnen. Ihr habt hier u.a. die Möglichkeit, schnell Fragen an ChatGPT abzusetzen, indem ihr eine Befehlseingabe mit Tab abschließt:

Raycast AI (Screenshot)

Dieses Feature kann aber auch mit selektiertem Text der aktuellen App arbeiten und diesen z.B. zusammenfassen, übersetzen, verbessern und noch einiges mehr. Diese Funktionen werden nach der Beta kostenpflichtig, ohne dass schon Details bekannt sind. Ihr könnt aber ChatGPT auch über Erweiterungen (s.u.) nutzen, die z.B. euren OpenAI-API-Key verwenden können, auch wenn die native Integration sicherlich mehr Möglichkeiten bieten wird.

Erweiterungen

Das war im Großen und Ganzen der mitgelieferte Funktionsumfang. Aber dabei muss es freilich nicht bleiben. Raycast verfügt über einen voll integrierten Store für Erweiterungen, der Hunderte von Einträgen zählt und über den Befehl „Store“ erreicht werden kann. Der Store-Begriff ist vielleicht etwas irreführend, denn die Erweiterungen kosten nichts.

Viele Erweiterungen machen andere Apps für Raycast zugänglich. So kann ich mit einer Erweiterung z.B. nach Keyboard-Maestro-Makros suchen und diese starten und mit anderen eine Suche in DEVONthink oder Obsidian starten.

Raycast Store (Screenshot)

Hier jetzt noch Erweiterungen im Detail vorzustellen, würde diesen ohnehin schon sehr langen Artikel komplett sprengen. Dies bleibt daher künftigen Veröffentlichungen vorbehalten, abonniert bei Interesse gerne meinen RSS-Feed oder folgt mir bei Mastodon, um keinen Artikel mehr zu verpassen.

Erweiterungen entsprechen im Wesentlichen den Workflows in Alfred. Allerdings sind sie für mich nicht so leicht zu erstellen, da ich mit der involvierten Programmiersprache nicht so gut vertraut bin wie z.B. mit AppleScript. D.h. aber nicht, dass ich Raycast nicht erweitern könnte, denn das geht auch mit Skripten, dazu kommen wir jetzt.

Skripte

Raycast bietet über die Extensions-Einstellungen, die Mäglichkeit, Skripte zu erstellen, z.B. in AppleScript, Shell-Skript oder Python (alles Sprachen, mit denen ich vertraut bin):

Skript-Erweiterung in Raycast (Screenshot)

Nach Eintragen dieser Basis-Informationen legt Raycast ein Rumpfskript in einem einstellbaren Verzeichnis ab, das dann mit Funktionen angereichert werden kann. Auch Parameter können übergeben werden. Rückgaben können direkt in Raycast erfolgen. Auch hier würden weitere Einzelheiten zu weit führen, aber das ist natürlich eine riesige Spielwiese für meine Plus-Artikel. Hier wird es sicherlich künftig das ein oder andere Raycast-Skript von mir geben. Ein Beispiel für OmniFocus gibt es sogar schon als Video (Premium-Content).

Fazit

Ich hoffe, ich konnte zeigen, wie vielseitig, mächtig und modern Raycast als Launcher ist. Selbst der Funktionsumfang ohne Erweiterungen ist beeindruckend. An Alfred vermisse ich lediglich die Universal Actions und den Workflow-Editor, der näher an „meinen“ Programmiersprachen arbeitet. Probiert die App einfach mal aus, ob sie zu eurer Arbeitsweise passt. Gerade für „Tastaturarbeiter“ liegt in Raycast ein riesiges Potenzial, Zeit zu sparen und effektiver zu arbeiten.

Insgesamt 1.046 Artikel aus meinen Interessensgebieten Apple, Get Organized, Smart Home, Dänemark und Fahrrad erwarten euch in diesem mehrmals pro Woche aktualisiertem Blog. Darunter Tipps und Automatisierungen zu OmniFocus und GTD®, DEVONthink, AppleScript, Hazel, Obsidian, Home Assistant, Keyboard Maestro uvm.

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Über den Autor

Markus Jasinski

Markus Jasinski ist ein Rostocker Unternehmer, Naturwissenschaftler, IT-Spezialist, Autor, Coach, Dänemark-Fan, überzeugter Radfahrer und nicht zuletzt „Computer Geek“ und Smart-Home-Enthusiast. Sein erstes iPhone kaufte der promovierte Naturwissenschaftler im Jahre 2008, kurze Zeit später wurde er dann auch zum Mac-Nutzer. Nach und nach gesellten sich iPad, Apple TV und Apple Watch hinzu.

Um diese vielfältigen Interessen und Aktivitäten "unter einen Hut" zu bekommen befasst sich der gebürtige Westfale seit über zehn Jahren mit den Themen Selbstorganisation und Aufgabenmanagement, die ebenfalls ein Schwerpunkt dieses Blogs sind.

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