Mein neues E-Bike kam, wie so viele Modelle mit Bosch-Motor, standardmäßig mit einem Intuvia-Display von Bosch. Klar, ein Bordcomputer macht Sinn an einem Elektrofahrrad, schließlich möchte man ja wissen, wie voll die Batterie noch ist und wie weit man mit dieser Akkuladung noch kommt. Auch die aktuelle Geschwindigkeit, die Uhrzeit, die gefahrenen Kilometer sowie die aktuelle Unterstützungsstufe sind nützliche Informationen. Diese Dinge deckt das Intuvia-Display freilich ab.
Möchte man hingegen mehr, wichtigstes Beispiel Navigation, ist man schnell dabei, ein weiteres Gerät am Lenker zu montieren, etwa einen Garmin-Fahrradcomputer, wie ich ihn an meinem altem Fahrrad habe, oder sein Smartphone. Zwei Geräte für im Wesentlichen ein Funktionspaket, nämlich ein Fahrradcomputer, wollte ich aber nicht. Die Verbindung beider Dinge zu einer Einheit ist ein höherwertiger Bordcomputer, in meinem Fall der Bosch Nyon, Modelljahr 2021 (das derzeit aktuelle Gerät). Ich habe mein Bike daher schon bei der Bestellung vom Händler mit dem Nyon aufrüsten lassen. Das nicht benötigte Intuvia wurde glücklicherweise auf den Upgrade-Preis angerechnet. Auch im Nachhinein könnt ihr dieses Upgrade übrigens machen, da Bosch ein entsprechendes Aufrüstkit anbietet. Der Einbau ist, soweit ich es verstanden habe, nicht ganz trivial, da ein neues Kabel zwischen Halterung und Motor gezogen werden muss.
Was bietet das Nyon?
Eine ganze Menge mehr als das Intuvia! Zunächst einmal hat es einen größeren Bildschirm, in Farbe und mit Touchscreen, was sowohl die Ablesbarkeit als auch die Bedienung vereinfacht. Wie beim Intuvia gibt es auch eine Fernbedienung, die üblicherweise nah am Handgriff montiert wird, so dass eine sichere Bedienung der Grundfunktionen auch während der Fahrt möglich ist. Das Nyon (der Nyon?) ist natürlich abnehmbar und sperrt im abgenommenen Zustand sogar alle elektrischen Funktionen des Fahrrads (E-Bike-Lock). Dieses Feature muss allerdings für 10 Euro einmalig freigeschaltet werden. Eine Entsperrung ist dann nur mit diesem einem Nyon möglich (oder sicherlich durch einen Fachhändler). Der Bordcomputer kann auch abgenommen genutzt werden, etwa für Einstellungen, weil er über ein internes Akku verfügt. Bezüglich Konnektivität sind WLAN und Bluetooth an Bord.
Das Nyon hat auch zwei Tasten an der vorderen Display-Kante. Eine ist der Ein-/Ausschalter, die andere Taste aktiviert das Licht am E-Bike. Zwischen den Tasten ist ein Mikro-USB-Port. Dieser dient aber allein zu Wartungszwecken und nicht etwa um sein Smartphone zu laden. Dies ist dann auch mein erster Kritikpunkt: Es ist 2022 und man radelt auf einer riesigen Powerbank. Hier hätte ich einen USB-C-Port für Wartung und Laden erwartet. Die Fernbedienung hat Tasten zum Hin- und Herschalten zwischen den verschiedenen Bildschirmen des Nyon (dazu gleich mehr), zum Wechsel der Unterstützungsstufe, zum Zurücksetzen der Tourdaten und für die Schiebehilfe.
Bildschirme
Ähnlich wie bei einem Garmin-Fahrradcomputer gibt es beim Nyon nutzerdefinierbare Bildschirme. Es kann im Detail festgelegt werden, wie viele es von diesen gibt und was diese anzeigen. Ein Bildschirm besteht dabei aus einem bis sechs Datenfeldern unterschiedlichster Inhalte. Darunter fallen Dinge wie Geschwindigkeit, Durchschnittsgeschwindigkeit, Fahrzeit, Uhrzeit, voraussichtliche Ankunft, Batteriestand E-Bike, Batteriestand Smartphone, Reichweite, Trittfrequenz, Wettervorhersage, Leistung (eigene und Motor), Höhe, Steigung und noch eine ganze Menge mehr. Die Zusammenstellung der Bildschirme geht dabei über den Touchscreen erstaunlich gut. Zusätzlich gibt es noch einen festen Bildschirm für Dinge wie Einstellungen, WLAN und Bluetooth.

Was auf jedem Bildschirm angezeigt wird, ist eine Infozeile oben mit aktueller Geschwindigkeit, Akkustand E-Bike, Uhrzeit und Unterstützungsstufe. Apropos Unterstützungsstufen: Diese sind beim Nyon farbkodiert und werden auch als jeweilige Hintergrundfarbe für die Bildschirme benutzt, was sehr praktisch ist. Manche Datenfelder wie Navigation (dazu gleich mehr) und Wetter belegen immer einen ganzen Bildschirm. Zwischen den Bildschirmen wechselt ihr mit der Fernbedienung oder der von Smartphones bekannten Wischgeste.

Navigation
Navigation – oder überhaupt eine Umgebungskarte zu haben – ist freilich einer der wesentlichen Gründe für einen besseren Fahrradcomputer. Strecken können bei Bosch sowohl am Rechner bzw. Tablet (via Browser), mit der Bosch-App auf dem Smartphone und direkt auf dem Nyon geplant werden. Karten können länder- oder regionsweise direkt auf das Gerät geladen werden. Gleiches gilt für‘s Smartphone. Somit kann auch ohne Netzabdeckung navigiert werden. Die Zielauswahl kann dabei via Adresse (Straße, Hausnummer, Ort) oder auch als „Point of Interest“ getroffen werden. Davon kennt das System etliche, vom Fahrradhändler über Restaurants bis hin zu Aussichtspunkten. Natürlich gibt es auch eine Suche mit Texteingabe, direkt auf dem Gerät auch per Bildschirmtastatur. Alles in allem funktioniert das recht gut und das Telefon kann unterwegs in der Regel in der Tasche bleiben. Man kann auch noch zwischen schnellster und schönster Strecke wählen.

Im Vergleich zu Komoot wurden mir schon deutlich bessere Strecken angeboten (insbesondere in Dänemark), aber auch etwas schlechtere. Natürlich kann man dann mit Wegpunkten noch Einfluss nehmen. Apropos Komoot, auch dort geplante Strecken können durch eine Verknüpfung der beiden Systeme geladen werden. Umgekehrt landen die gefahrenen Strecken dann auch bei Komoot. Was es bei Bosch nicht gibt ist eine Sprachansage, dafür aber zumindest eine akustische Warnung und die Anzeige eines Abbiegehinweises, egal auf welchem Bildschirm wir uns gerade befinden. Alles in allem sind die Hinweise eindeutig, so dass ich mich noch nicht wirklich verfahren habe.
Ein Hammer-Feature ist die Verbindung von Navigation und Akkustand. Das Nyon kann in der Kartenansicht anzeigen, wie weit wir in der jeweiligen Unterstützungsstufe mit dem Restakku noch kommen. Dieses Gebiet wird als Fläche auf der Karte eingezeichnet. Aber auch Probleme sollen hier nicht unter den Tisch fallen: Bisher ist es einmal passiert, dass eine gefahrene Strecke nicht vollständig aufgezeichnet wurde. Der Bosch-Support meinte dazu, dass sich die Software da wohl – ich zitiere wörtlich – “verschluckt” hat.
Was vermisse ich?
Im Vergleich zu meinem Garmin-Computer am alten Fahrrad vermisse ich einige Datenfelder. Zum Beispiel die Fahrtrichtung, Die kann man bei Garmin als Himmelsrichtung bekommen (z.B. “S” oder “NW”). So wusste ich immer auch ohne die Kartenansicht, ob die grobe Fahrtrichtung stimmt. Außerdem vermisse ich das Datenfeld “Sonnenuntergang” mit der Uhrzeit für selbigen. Läßt sich aus der Position leicht ausrechnen und wäre eine nützliche Info für die laufende Tour, oder nicht?
Außerdem konnte das Garmin-Gerät die Benachrichtigungen meines iPhones anzeigen. Auch das fand ich immer ziemlich praktisch. Ebenfalls entfallen ist das Radar-Feature, wo der Garmin-Computer im Zusammenspiel mit einem Garmin-Rücklicht vor Fahrzeugen gewarnt hat, die von hinten kommen.
Erstes Fazit
Erstes Fazit nach fast 370 Kilometern mit dem Nyon: Ein schöner All-in-One-Bordcomputer mit brauchbarer Navigation. Allerdings auch mit etwas Luft nach oben, wie der vorherige Abschnitt zeigt. Und der Mikro-USB-Port ist natürlich ein wenig peinlich.