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Obsidian als Personal Knowledge Base

Obsidian

Kaum etwas hat so oft die App gewechselt wie meine Notizen, deren Großteil meine “Personal Knowledge Base” ausmachen, wie man heute so schön sagt: DEVONthink, nvALT, Evernote, Ulysses, Apple Notizen und wieder DEVONthink, was habe ich nicht schon alles probiert. Wie ich DEVONthink als Wissensdatenbank nutze habe ich in diesem Artikel beschrieben. Er geht auch kurz auf in diesem Zusammenhang relevante Begriffe wie “zweites Gehirn” oder Zettelkasten ein. Wir auch immer, seit ich meine 2020 gibt es einen neuen “Shooting Star”, zumindest in meiner internationalen Apple-Bubble: Obsidian (Homepage des Projekts).

Das habe ich spätestens Anfang 2021 auch mitbekommen und mir die App erstmals als Testinstallation auf meinem Mac angeschaut. Damals kam ein Umstieg nicht in Frage, die Software hatte noch ihre “Ecken und Kanten” und vor allem keine mobilen Apps. Dennoch hatte sie sehr brauchbare Features wie Wiki-Style-Links, Backlinks, eine grafische Darstellung der Link-Beziehung der Notizen untereinander und noch einiges mehr. Daher habe ich im Spätsommer 2022 einen zweiten Versuch gestartet. Und siehe da: Obsidian hat sich enorm weiterentwickelt, kommt mit mobilen Apps, die der Desktop-Version ebenbürtig sind, und ist mit extrem leistungsfähigen Plugins ausgestattet. Es hat daher nur knappe zwei Wochen gedauert bis mein Entschluss feststand: Ich ziehe mit meinen Notizen nach Obsidian um. Dazu heute etwas mehr, bevor ich in weiteren Artikeln über Workflows, Automatisierungen, Plugins usw. schreibe.

Warum Obsidian?

Aber warum ist Obsidian eigentlich so eine beliebte Notiz-App mögen sich diejenigen Fragen, welche sich noch nicht mit dieser App befasst haben. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe:

Einfaches und offenes Datenformat

Obsidian nutzt als Datenformat Markdown, was im Endeffekt “plain text” ist angereichert mit recht einfachen Formatierungsanweisungen. Solche Dateien sind – behaupte ich mal – auch in vielen Jahren noch lesbar, selbst wenn es dann kein Obsidian mehr geben sollte. Und die Ablage dieser Markdown-Dateien ist genauso simpel. Sie liegen einfach in einem Verzeichnisbaum des Dateisystems. D.h., die Daten sind mit Dateimanagern und Texteditoren auch außerhalb von Obsidian einsehbar und änderbar. Eine solche Verzeichnishierarchie mit Markdown-Dateien heißt in Obsidian etwas vornehm “Vault”. Davon kann man prinzipiell beliebig viele haben. Im lokalen Dateisystem ist der Zugriff auch ohne Internet möglich, auf jeden Fall auch ein Vorteil.

Sollte ich nochmal umsteigen wollen, bekomme ich meine Daten also leicht wieder zurück. Ich müsste Obsidian nichtmal dazu öffnen.

Leistungsfähiger Markdown-Editor

Obsidian verfügt über einen leistungsfähigen Markdown-Editor mit Live-Modus, d.h., Formatierungsanweisungen wie z.B. Zwischenüberschriften werden auch direkt als solche in größerer Schrift ohne die vorangestellten Doppelkreuze dargestellt. Mit dem Community-Plugin “Advanced Tables” steht darüber hinaus eine sehr mächtige Tabellenunterstützung zur Verfügung. Da ich hauptsächlich im technischen Bereich unterwegs bin, ist dies für mich nicht unwichtig. Dieser Editor steht auf allen Plattformen zur Verfügung, d.h., ich schreibe auf dem Mac genauso wie auf dem iPad. Auch Versionen für Windows, Linux und Android stehen bereit.

Es können in ein Markdown-Dokument sogar andere Markdown-Dokumente eingebettet werden, ein Feature welches Transklusion genannt wird. Auch das Einbetten von Dateien wie Bilder, Videos, PDFs oder Webseiten (iframes) ist möglich.

Vergleichbarer Funktionsumfang auf allen Plattformen

Apropos Plattformen: Nicht nur der Editor ist analog, sondern im Prinzip die ganze Software. Bedeutet für mich, ich habe auch auf dem iPad und dem iPhone z.B. alle Themes, Plugins und Community-Plugins zur Verfügung, für mich ein riesiges Plus dieser Lösung. In DEVONthink ist “DEVONthink to Go” immer noch ein “Second-Class-Citizen” mit einer Untermenge der Features der Mac-App.

Die Synchronisation der Daten zwischen den Plattformen kann entweder z.B. via iCloud erfolgen (in diesen Fall muss der Vault aufs iCloud-Drive) oder aber über einen Ende-zu-Ende verschlüsselten Sync-Service von Obsidian. Dieser ist allerdings kostenpflichtig.

Wiki-Links und Backlinks, Tags und Graphen-Ansicht

Obsidian-Dokumente lassen sich leicht untereinander verlinken. Einfach zwei eckige Klammern öffnen und die folgenden Buchstaben beginnen ein vom Namen passendes Dokument zu suchen, welches dann mit der Entertaste verlinkt wird. Existiert kein Dokument mit dem eingegebenen Namen wird eines angelegt. Befinden wir uns in einem Dokument zeigt Obsidian an, welche anderen Dokumente hierher verlinken (dies nennt man “Backlink”). Daraus erschließen sich dann mitunter Zusammenhänge, die man so zuvor gar nicht gesehen hat.

Wem dies nicht genügt, kann sich die Verknüpfungen der einzelnen Dokumente als Graph anschauen. Auch hier erschließen sich dem Autor häufig dann völlig neue Verknüpfungen bzw. fehlende werden sichtbar. Und dann gibt es noch – wie wir es ja auch von DEVONthink oder OmniFocus kennen – noch Tags, die in Obsidian mit einem Doppelkreuz beginnen und automatisch vervollständigt werden.

Speziell dieses Funktionspaket macht Obsidian so brauchbar für Wissensdatenbanken.

Erweiterbarkeit (Plugins)

Obsidian ist sehr modular aufgebaut. Selbst einige der mitgelieferten Basisfunktionen sind als Plugin implementiert. Wer mehr Funktionen braucht, kann auf eine große Bibliothek von Community-Plugins zurückgreifen, die von der Nutzergemeinschaft entwickelt und gepflegt werden.

Plugins (Screenshot)

Plugins gehen zum Teil weit über die Grundfunktionen hinaus. So habe ich in Obsidian z.B. mehrere Kanban-Boards und somit Trello komplett ersetzt. Im nächsten Obsidian-Artikel werde ich vorstellen, welche dieser Erweiterungen ich nutze.

Vorlagen (Templates)

Eine Reihe von Notizen fangen bei mir nicht bei Null an, d.h., es gibt zum Beispiel eine vorgegebene Abfolge von Zwischenüberschriften. In solchen Fällen erlaubt Obsidian das Anlegen neuer Dokumente, die auf einer Vorlage basieren. Mit dem Community-Plugin “Templater” wird dieses Konzept nochmal wesentlich mächtiger, indem Vorlagen auch dynamische Inhalte haben können.

Tägliche Notiz

Das Konzept einer täglichen Notiz ist in Obsidian gleich eingebaut und zwar mit einer recht frei konfigurierbaren Verzeichnisstruktur. Mit Hilfe eines Kalender-Plugins ist es sehr einfach, zu vergangenen Notizen zu navigieren.

Tägliche Notiz in Obsidian (Screenshot)
Automatisierbarkeit

Da Obsidians Inhalte ja frei zugängliche Textdokumente sind, lassen sich diese natürlich auch durch Automatisierungen erzeugen und manipulieren. So bin ich z.B. dabei, einen Alfred-Workflow zu erstellen, der u.a. Projekte anlegen und tägliche Notizen ergänzen kann. AppleScript- oder Kurzbefehl-Support gibt es allerdings nicht.

Nachteile

Aber wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten. Obsidian ist keine native App, sondern nutzt das Electron-Framework wie es andere plattformübergreifende Apps auch tun. Besonderheiten einzelner Plattformen, wie z.B. einen Kurzbefehle-Support, sucht man daher vergeblich. Das Aussehen der App kann allerdings mit Hilfe sogenannter Themes angepasst werden. Die Obsidian-Kernsoftware ist nicht Open-Source (quelloffen). Für die kommerzielle Nutzung fällt eine Abo-Gebühr an.

Stand meines Umstieges

Alle Daten sind inzwischen in Obsidian angekommen. Eine im Vergleich zu früher leicht angepasste Verzeichnisstruktur wurde gefunden. Erste Automatisierungen sind erstellt und in der praktischen Erprobung.

Projekt-Begleitdateien wie Bilder und PDFs bleiben bis auf weiteres in DEVONthink. Es hat für Dateien aller Art die besseren Such- und Bearbeitungsfunktionen. Und natürlich auch Features wie OCR.

Spannenderweise hat Obsidian bei mir allerdings Drafts weitgehend ersetzt, da ich viele Textentwürfe nun direkt dort erstelle.

Aufgaben bleiben in OmniFocus. Es ist derzeit nicht mein Ziel, alles in einer App zu haben, sondern wie ein guter Handwerker das für jeden Zweck optimale und angepasste Werkzeug zu verwenden.

Zur Synchronisation verwende ich den Sync-Service von Obsidian. Ich könnte zwar auch iCloud nehmen und nichts zusätzlich bezahlen, habe aber durchaus ein paar sensible Notizen, sodass ich auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nur ungern verzichten würde. Es wäre schön, wenn Obsidian noch ein kleineres Sync-Paket mit weniger Speicherplatz günstiger anbieten würde.

Obsidian Icon
Wissensdatenbank

Obsidian

Plattformen: macOS, iOS, iPadOS, Windows, Linux, Android
Preis: private Nutzung kostenlos, kommerzielle Nutzung 50 $/Jahr (Abo)
Hersteller: Dynalist Inc.

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Über den Autor

Markus Jasinski

Markus Jasinski ist ein Rostocker Unternehmer, Naturwissenschaftler, IT-Spezialist, Autor, Coach, Dänemark-Fan, überzeugter Radfahrer und nicht zuletzt „Computer Geek“ und Smart-Home-Enthusiast. Sein erstes iPhone kaufte der promovierte Naturwissenschaftler im Jahre 2008, kurze Zeit später wurde er dann auch zum Mac-Nutzer. Nach und nach gesellten sich iPad, Apple TV und Apple Watch hinzu.

Um diese vielfältigen Interessen und Aktivitäten "unter einen Hut" zu bekommen befasst sich der gebürtige Westfale seit über zehn Jahren mit den Themen Selbstorganisation und Aufgabenmanagement, die ebenfalls ein Schwerpunkt dieses Blogs sind.

2 Kommentare

  • Danke für den Beitrag! Mit DevonThink, Obsidian und OmniFocus habe ich genau das gleiche Setup 🙂 Ich benutze Obsidian und DevonThink allerdings parallel und nutze dafür die Index-Funktion von DevonThink. DT ist mein Tool für Ideen, Obsidian zum Schreiben und Arbeiten. Das für mich wertvollste Feature von Obsidian ist witzigerweise, dass sich Änderungen in Dateinamen auf alle Wikilinks auswirken. Ohne das würde ich inzwischen verzweifeln.

    • Danke für das Feedback! Das Verlinkungssystem in Obsidian ist wirklich nett. Auch die Möglichkeit, Unterabschnitte einer Notiz von einer anderen Notiz aus zu verlinken, ist sehr praktisch. Es entstehen mehr und mehr Verbindungen zwischen den Notizen…

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