Kaum ein Thema – neben Corona im Allgemeinen versteht sich – dürfte 2021 so beherrschen wie die anstehenden Corona-Schutzimpfungen. Bei dieser Gelegenheit: Ich wünsche allen Lesern ein gutes und gesundes 2021! Zurück zum Thema, als jemand mit einer akademischen Ausbildung in Naturwissenschaften fühle ich mich ein wenig dazu verpflichtet, über die Impfung aufzuklären. Ich bin allerdings kein Mediziner, worauf ich gleich eingangs ausdrücklich hinweisen möchte.
Wie es leider nicht anders zu erwarten war, ruft die Impfkampagne Gegner und Verschwörungstheoretiker aller Art auf den Plan. Deren Geschäft ist es, Ängste zu schüren, warum auch immer. Das beste Mittel gegen Angst ist zu verstehen, wie Corona-Viren und der Impfstoff funktionieren. Natürlich muss ich an der an oder anderen Stelle ein wenig vereinfachen, Lebewesen sind äußerst komplexe Gebilde.
Funktionsprinzip
Das Corona-Virus (ich rede hier natürlich vom aktuellen SARS-CoV-2, es gibt auch andere Corona-Viren) möchte natürlich vor allem eines: sich vermehren. Und zwar massenhaft, weil freilich nicht jedes ausgeschiedene Virus einen weiteren Menschen ansteckt. Es kann dies aber nicht von alleine, wie es andere Organismen z.B. durch Zellteilung tun. Daher ist es auf unsere Zellen angewiesen. Denn diese verfügen über die notwendige Infrastruktur, um „Dinge“ herzustellen, wenn man ihnen eine entsprechend codierte Bauanleitung gibt. Diese Bauanleitung ist die mRNA (messenger RNA = Boten-RNS = Boten-Ribonukleinsäure) von der alle reden. Normalerweise werden die Bauanleitungen aus unserem Erbgut (DNS im Zellkern) gelesen und über eben diese mRNAs zu den Produktionsstätten außerhalb des Zellkerns transportiert (daher die Bezeichnung Bote). Das Virus schleust nun einfach seine eigene, körperfremde mRNA in die Zelle. Daraufhin beginnt diese, Virus-Material herzustellen, Ziel erreicht. Um überhaupt bis zu einer solchen Zelle zu kommen, ist die Viren-mRNA in der Virushülle verpackt.
Auch der Impfstoff besteht im Kern aus mRNA. Nur diesmal gibt quasi der Impfstoff-Produzent vor, was die Zelle herstellen soll. Mit dem Impfstoff bekommt die Zelle nur die Bauanleitung für ein kleines Stück Virus-Oberfläche/-Hülle. Dieses ist im Gegensatz zum vollständigen Virus harmlos und enthält natürlich auch keine mRNA, wie es ein neu hergestelltes Virus tun würde. Trotzdem erfüllt das Bruchstück einen wichtigen Zweck: Es trainiert unsere Abwehr auf das echte Virus, weil es ja mit einem Teil von diesem baugleich ist. Und diese Abwehr hat auch ein Gedächtnis, sie merkt sich sozusagen ihre Feinde (wie lange wissen wir allerdings im Falle von Corona noch nicht). Gelangt nun, nachdem dieser Prozess abgeschlossen ist, ein Corona-Virus in unserem Körper, ist unser Abwehrmechanismus bereits vorbereitet und macht diesen unschädlich.
RNA-Abbau
Bleibt noch zu klären, was mit der mRNA passiert, nachdem sie ihre Funktion erfüllt hat. Das ist recht unspektakulär, sie wird abgebaut. Das bedeutet auch, dass vom Impfstoff im Grunde nichts übrig bleibt, wenn dieser seine Aufgabe erfüllt hat. Schon gar nicht wird er in unser Erbgut eingebaut, wie manche behaupten, freilich ohne dafür Belege zu haben. Das Erbgut liegt geschützt im Zellkern und weder der Impfstoff noch das Virus selbst bringen die notwendigen Werkzeuge mit, dieses zu verändern.
Wenn wir uns das Prinzip dieses Impfstoffes nochmal vor Augen führen, sollten wir (als Menschheit) ein wenig stolz sein, was wir da hinbekommen haben. Für mich ist das eine wissenschaftliche Spitzenleistung. All diese Dinge, über die wir hier sprechen, sind immerhin winzig klein. Wer Angst vor der Impfstoff-mRNA hat sollte sich klarmachen, dass das Virus auch welche an Bord hat und zwar mit einem recht gefährlichen, mitunter auch tödlichem Bauplan. Und nicht nur das, auch harmlose Erkältungsviren nutzen das mRNA-Prinzip. Somit hatte wirklich jeder von uns schon damit zu tun.
Nebenwirkungen
Fast jede Medizin hat Nebenwirkungen. Lest euch nur mal z.B. den Beipackzettel von alltäglichen Medikamenten wie z.B. Aspirin durch. Bei der Corona-Schutzimpfung sind dies vor allem Dinge wie Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit, Schüttelfrost sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Diese sind aber auch ein Zeichen dafür, dass sich eure Abwehr mit dem Fremdstoff beschäftigt und gerade lernt, ihn zu beseitigen. Sie klingen im Allgemeinen schnell wieder ab. Schwerere Nebenwirkungen beschränken sich bisher, soweit ich das gelesen habe, auf Einzelfälle. Das kennt ihr aber auch von euren Beipackzetteln, was da so manchmal als sehr seltene Nebenwirkung steht… Allergien sind natürlich ein Thema, wer diesbezüglich eine einschlägige Vorgeschichte hat, sollte sicherlich vor einer Impfung mit seinem Arzt sprechen.
Letztendlich müsst ihr zwischen dem Risiko einer Infektion und dem der Impfung abwägen. Aus meiner Sicht ist das Virus hier um Größenordnungen gefährlicher. Entgegen einiger Behauptungen wurde der Impfstoff an vergleichsweise vielen Personen getestet, die dann auch vergleichsweise lange beobachtet wurden. Durch die angelaufenen Impfkampagnen wurden inzwischen schon Millionen von Dosen verabreicht.
Alternativen
Wir sollten uns auch mal einen Moment klar machen, was denn die Alternativen zur Impfung sind. Ich sehe da nur zwei: International koordinierte harte Lockdowns oder Herdenimmunität durch Infektionen. Nationale Lockdowns bringen wenig, wenn von außen weiterhin Infektionen eingetragen werden. Auch deshalb (allerdings nicht nur deshalb) weisen einige Inselstaaten wie Taiwan und Neuseeland sehr niedrige Infektionszahlen auf. Und man müsste wohl auch relativ hart runterfahren. Derzeit wird beispielsweise die Rolle von Schulen IMHO unterschätzt, einer der großen Unterschiede zwischen dem Frühjahrs- und dem weichen November-Lockdown. Und viele Lockdown-Bemühungen werden auch durch unvernünftige Personen unterlaufen: Man werfe nur einen Blick auf die Skigebiete.
Bleibt die Herdenimmunität. Ohne Impfung oder Lockdown wird das Virus in immer neuen Wellen um die Welt laufen bis es nicht mehr genug Opfer findet, die nicht immun sind. Weil diese schon infiziert waren und einen gewissen Schutz vor dem Virus besitzen. Dazu reichen bereits erfahrungsgemäß so etwa 2/3 der Bevölkerung. Die Pandemie käme zum Erliegen. Aber zu einem sehr hohen Preis: Da Corona tödlicher als z.B. viele Grippeviren ist, würden wir diese „natürliche“ Immunität mit sehr vielen Menschenleben bezahlen.
Das Ganze ist auch ein Wettlauf gegen die Zeit: Je mehr Infektionen wir zulassen, um so mehr geben wir dem Virus die Möglichkeit zu mutieren. Und da könnte auch mal eine Mutation bei herauskommen, gegen die unsere derzeitige Impfung schlecht bis gar nicht wirkt. Dies würde uns um Monate zurückwerfen.
Bei den großen Pandemien der Vergangenheit sind viele Patienten der Risikogruppen gestorben. Diesmal haben wir zum ersten Mal die Technologie in der Hand, dass dies nicht so kommen muss. Nutzen wir diese Chance!
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