Ich habe kürzlich ein neues E-Book veröffentlicht. Dieses habe ich mit Hilfe der App “Ulysses” (Abo-Modell, 4,99 € pro Monat, Jahresabo günstiger, macOS, iOS und iPadOS, App-Store-Link macOS, App-Store-Link iOS/iPadOS) erstellt. Das Programm, welches übrigens aus Deutschland stammt, ist für vielfältige Schreib- und Notizarbeiten gut geeignet. Für mich zeichnet es sich dadurch aus, dass es ein recht ablenkungsfreies und Tastatur-orientiertes Schreiben ermöglicht. Textformatierungen finden in Markdown statt, sodass der Schreibfluss nicht gestört wird. Wer damit nicht vertraut ist, kann natürlich auch ein Formatierungsmenü in Ulysses nutzen.
Stärken und Vorteile
Die App besteht im wesentlichen (oder optional auch komplett) aus einer großen Schreibfläche, sodass sich Autoren ganz auf ihre Inhalte konzentrieren können. Alle Dokumente befinden sich übersichtlich in einer sogenannten Bibliothek. Diese ist in Gruppen und Blätter unterteilt. Ein Blatt ist in meinem Buch ein Abschnitt, wie z.B. 1.3. Es kann also durchaus im späteren E-Book aus mehreren Seiten bestehen. Ein Blatt ist einfach die kleinste Einheit in Ulysses. Eine Gruppe ist dann z.B. das ganze Kapitel 1. Die Kapitel wiederum bilden erneut eine Gruppe (eine Ebene höher) und sind zusammen das ganze Buch. Auf dieser Ebene gibt es weitere Bücher, aber auch Gruppen mit Notizen. Ich nutze Ulysses zusätzlich zu DEVONthink als Ablagesystem im Sinne von GTD®, vorzugsweise für sich häufig ändernde Notizen, einfach auch weil die App als Editor schöner ist.

Meta-Daten und Statistiken
Ulysses-Texte können auf Blatt-Ebene immer auch zusätzliche Informationen enthalten, die nicht im veröffentlichten Dokument erscheinen. Das sind z.B. Notizen und Schlagwörter. Letztere können beim Organisieren des gesamten Datenbestands sehr hilfreich sein. Ich nutze Schlagwörter z.B. dazu, um zu kennzeichnen, in welcher Phase sich ein Blatt eines E-Books befindet (“braucht Inhalt”, “Entwurf”, “finaler Entwurf”, “Endfassung” usw.). Pro Blatt kann auch ein Ziel gesetzt werden, z.B. wie viele Zeichen oder Wörter es mal enthalten soll. Ulysses zeigt dann übersichtlich an, wie weit die Ziele noch entfernt sind. Diesbezüglich sind natürlich auch generell entsprechende Statistiken abrufbar, auch was die Lesedauer bei verschiedenen Lesegeschwindigkeiten betrifft.

Export
Eine große Stärke von Ulysses sind auf jeden Fall die leistungsfähigen und schnellen Exportfunktionen aller aktuell ausgewählten Blätter. Als Formate stehen Text, HTML, EPUB, PDF und DOCX (Word) zur Verfügung. Außerdem kann die App Dokumente direkt auf WordPress (wordpress.com oder selbst gehostet), Medium und Ghost veröffentlichen. Für jedes Format gibt es noch ein paar Optionen. Für EPUB-Bücher kann z.B. eine Stilvorlage ausgewählt werden. Fertige Stilvorlagen werden mitgeliefert, sind aber auch im Netz zu finden. Mit etwas CSS-Kenntnissen kann man sie auch selbst schreiben oder anpassen. Eine weitere Option für E-Books ist natürlich das Cover-Foto.
Sync
Ein weiterer Pluspunkt ist der nach meiner Erfahrung sehr zuverlässige Sync zwischen den Geräten. Mein Buch ist teilweise am Mac und teilweise in Cafés auf meinem iPad Pro entstanden. Korrekturlesen geht sogar zwischendurch mal auf dem iPhone, inklusive kleiner Änderungen am Text.
Bonus-Hint
Im App-Icon ist ein Füller versteckt.
Kritik und Alternative
Mein wichtigster Kritikpunkt ist eine fehlende Unterstützung für das Erstellen von Tabellen. Da ich ausschließlich Sachbücher schreibe, können diese durchaus vorkommen. Laut Aussage des Supports ist das Feature in Arbeit, es gibt aber keinen konkreten Zeitplan.
Größter Konkurrent ist sicherlich Scrivener (macOS, iPadOS und Windows). Scrivener bietet mehr Formatierungsmöglichkeiten und auch mehr Werkzeuge, hat aber deutlich eingeschränktere Synchronisierungsfunktionen. Z.B. wird Apples iCloud nicht unterstützt. Ich finde Ulysses von der gesamten Handhabung her einfacher (es gibt nur sehr wenige Einstellungen), allerdings bietet Scrivener u.a. auch Tabellen und viele Spezialwerkzeuge für professionelle Autoren und Drehbuchschreiber.
Ich selbst nutze auch Ulysses. Aber ich habe zum Beispiel auch iA Writer auf dem Mac. Das unterstützt Tabellen. Es gibt auch Versionen für Windows und iOS.
Hatte ich vor längerer Zeit auch mal installiert und scheint sich erfreulich weiterentwickelt zu haben. Was mir ganz klar fehlt, ist ein EPUB-Export. Aufhänger des obigen Artikels ist ja das Schreiben von E-Books. Auch die Metadaten-Funktionen wie Notizen und Ziele von Ulysses sind beim Schreiben sehr praktisch. Irgendwas ist ist halt immer!
Markus, danke für diesen Text. Ich habe gerade mit Ulysses begonnen, für ein Sachbuch, und stehe nun vor dem Tabellenproblem.
Auch die jetztige Version Ende 2021 scheint Tabellen nicht zu unterstützen. Hast du einen Work-Around gefunden?
Nein, leider habe ich kein Workaround und auch bei mir liegt ein Sachbuch-Projekt wegen fehlender Tabellenunterstützung auf Eis. Zuletzt habe ich vor vier Monaten bei Ulysses nachgefragt und folgende Antwort erhalten: “All our developers are almost exclusively working on table support now, but it just takes time and consideration. We want to do it right, so please stay tuned!”. Allerdings bin ich da etwas skeptisch, weil ich wegen der Tabellen schon seit Jahren vertröstet werde. Mein Tipp daher an alle Betroffene: An die Firma schreiben, damit der Druck groß genug wird.