Apple

App-Abos – pro und kontra

iOS-Aboeinstellungen

Immer wenn eine vielgenutzte App auf das Abo-Modell umsteigt, beginnt er von neuem, der Aufschrei in der Nutzerschaft. Zuletzt vergangene Woche bei Scanbot, einer Scanner-App für iOS. Typischerweise hagelt es im App-Store dann Einsterne-Bewertungen. In diesem konkreten Fall haben die Entwickler IMHO einige Fehler begangen (dazu später mehr). Zuerst möchte ich die Situation aber mal etwas allgemeiner beleuchten.

Screenshot von Scanbot im App Store
Scanbot-Bewertungen im App Store

Klassisch sieht das Geschäftsmodell im App-Store so aus, dass der User eine App einmal zu Beginn der Nutzung bezahlt. Durch die weltweite Konkurrenz tut er dies mittlerweile häufig zu einem lächerlich geringen Preis. Ich kann mich noch gut an meine Palm-Zeiten vor dem iPhone erinnern. Da waren 20 Euro pro App völlig normal. Heute regen sich viele schon auf, wenn eine App 2,29€ statt 0,99€ kostet. Oder gar überhaupt Geld verlangt wird.

App-Entwicklung ist in der Regel ein kontinuierlicher Prozess. Und das betrifft nicht nur die Umsetzung neuer Funktionen. Allein Apple stellt die Programmierer mit jeder neuen iOS-/macOS-/watchOS-Version vor neue Anforderungen. Teilweise sind diese sogar Pflicht, wie die Anpassung an neue Bildschirmgrößen bei iPhones. Teilweise funktioniert irgendwas plötzlich auch nicht mehr und die Kunden stünden ohne ein Update im Regen. Aber auch Dinge wie Dark Mode oder TouchBar-Support programmieren sich nicht von alleine. Wirtschaftlich stehen hier also einmalige Einnahmen gegen fortlaufende Ausgaben. Und diese einmaligen Einnahmen schrumpfen auch noch, weil die Verkaufszahlen für Smartphones ihr Maximum inzwischen überschritten haben.

Kostenpflichtige Updates

Der klassische Ausweg aus dieser Situation sind – seit ich Computer nutze – bezahlte Updates. Ausgerechnet diesen Weg erschwert Apple allerdings enorm. Der App-Store ist technisch gesehen ein Kind des iTunes-Musik-Store. Und bei Musik haben bezahlte Updates einfach keinen Sinn gemacht. Offensichtlich war es nun entweder ziemlich schwer, zu aufwändig oder Apple hatte einfach kein Interesse diese Funktion einzubauen. Für Entwickler bleibt somit im Prinzip nur der Weg, ein größeres Update als neue App einzustellen.

Das ist aber mit einer ganzen Reihe von Nachteilen verbunden. Zunächst mal ist der Kaufpreis der neuen App dann auch der Update-Preis. D.h., Neukunden zahlen den selben Betrag wie langjährige Nutzer. Viele Entwickler versuchen das abzumildern, indem der Preis in den ersten Tagen niedriger ist als später. Keine schöne Lösung, wenn in dieser Zeitspanne ein Neukunde zuschlägt. Aber viel schlimmer ist, dass der Anbieter mit der neuen App im Store sein komplettes Standing verliert: Es sind keine Reviews mehr vorhanden, die Verkaufszahlen fangen bei Null an und in der Suche geht es auf die hinteren Plätze bis in Richtung Unauffindbarkeit.

In-App-Käufe

EIne andere Lösung wären In-App-Käufe für neue Funktionen. Diese lösen grundsätzlich die oben genannten Probleme. Aber bei weitem nicht jede App läßt sich so modularisieren, dass dies sinnvoll ist. Auch wenn eine vorhandene Funktion einfach nur erweitert wird, wird’s schwierig. Eine App, bei der dies gut funktioniert, ist beispielsweise iConnectHue zur Steuerung des Hue-Beleuchtungssystems, dort kamen nach und nach immer neue Funktionspakete zum Teil kostenpflichtig hinzu.

Abos

So bleibt schließlich nur noch das Abo. Auch diese beseitigen das eingangs erwähnte Update-Problem. Die weiteren Vorteile für den Entwickler liegen auf der Hand: Es entsteht ein ständiger Geldfluß, während bei Einmalkäufen die Einnahmen zu Beginn des Releasezyklus am größten sind und dann in der Regel kontinuierlich abnehmen. Mit Abos sind die Einnahmen planbarer und der Entwickler kann sich auf die Programmierung konzentrieren und immer das veröffentlichen, was gerade fertig ist, statt alle Neuerungen in ein großes Update zu packen.

Für den Kunden und Nutzer sehe ich bei Abos Vor- und Nachteile. Ein Vorteil gleich zu Beginn ist eine kostenlose oder preisreduzierte Probephase. Auch sogenannte Trial-Versionen, also eine zeitlich beschränkte App mit allen Funktionen, sind im App Store nämlich nicht vorgesehen. Bei Abos kein Problem, hier kann der Anbieter z.B. einstellen, dass die App in den ersten zwei Wochen kostenlos ist und danach x Euro im Monat kostet. Im Falle der Einmalzahlung ist es mir schon öfter passiert, dass sich eine App als nicht zweckmäßig erwiesen hat und das Geld ist erstmal weg.

Braucht der Kunde die App nur kurzzeitig und wäre diese im Einmalkauf recht teuer, zahlt der Nutzer im Endeffekt beim Abo-Modell auch weniger. Natürlich fallen aber bei jeder Nutzung innerhalb eines neuen Abrechnungszeitraums erneut Kosten an. Nutzt der Kunde eine App täglich und zieht dabei einen großen Nutzen aus selbiger, werden sie oder er auch kein Problem mit den Abo-Kosten haben. Bei mir trifft das zum Beispiel auf TextExpander zu. Dieses Tool spart mir einige Stunden Arbeit im Jahr und da fällt das Jahresabo von um die 20 Euro nicht ins Gewicht. Win-Win-Situation.

Probleme und Schwierigkeiten

Problematisch für den Kunden sind wenig, aber doch einigermaßen regelmäßig genutzte Apps. Hier wird es in der Regel teurer als beim Einzelkauf. Außerdem kann der Nutzer letzterenfalls selbst entscheiden, ob er überhaupt neue Funktionen erwerben möchte oder mit dem aktuellen Umfang der App zufrieden ist. In diesem Szenario bleibt für den Kunden dann eigentlich nur der Wechsel zu einer vergleichbaren App ohne Abomodell.

Die Schwierigkeit beim Abomodell liegt im wesentlichen darin, den “richtigen” Monatspreis oder Jahrespreis zu finden. Ich habe schon einige Fälle beobachtet, wo nach meinem Dafürhalten einfach zu hoch eingestiegen wurde. Andererseits sind nachträgliche Preiserhöhungen natürlich auch nicht unproblematisch und sorgen für Unmut in der Nutzerschaft. Ein weiterer Nachteil auf Kundenseite ist der Aufsummierungseffekt. Zwei Euro hier, fünf Euro da, so können schnell ordentliche Summen pro Monat zusammenkommen.

Wie auch immer, letztendlich ist es so, dass die technische Basis des App Stores und Apple selbst, die Entwickler zum Abomodell treiben. Apple kommuniziert gegenüber der Developer-Community ganz klar, dass die Reise in diese Richtung gehen soll und baut auch immer mehr Abofunktionen ein. Natürlich ist dies auch nicht uneigennützig, schließlich partizipiert Cupertino an sämtlichen Abo-Einnahmen. Mit “Arcade” kommt im Herbst ja sogar ein reiner Spiele-Abodienst von Apple. Und mit Setapp existiert sogar eine Art “Netflix für Mac-Apps”.

Unmut bei den Kunden entsteht nicht nur bei der Umstellung auf ein Abomodell, sondern vor allem auch dann, wenn hier Fehler gemacht werden. Und damit bin ich wieder bei Scanbot. Dort wurde die Umstellung in der Update-Beschreibung mit keiner einzigen Silbe erwähnt. Auch wenn – nach Angaben des Herstellers – Nutzer der bisherigen Pro-Version keine Funktionen verlieren, hat das einfach eine Menge Frust produziert, wie an den aktuellen Rezensionen gut abzulesen ist. Auch der Monatspreis ist IMHO zu hoch angesetzt. Diese Dinge wurden bei anderen Apps wesentlich besser gelöst.

Insgesamt 1.116 Artikel aus meinen Interessensgebieten Apple, Get Organized, Smart Home, Dänemark und Fahrrad erwarten euch in diesem mehrmals pro Woche aktualisiertem Blog. Darunter Tipps und Automatisierungen zu OmniFocus und GTD®, DEVONthink, AppleScript, Hazel, Obsidian, Home Assistant, Keyboard Maestro uvm.

Plus/Premium
Gefällt Dir dieser Artikel oder hast Du sogar Nutzen daraus gezogen? Du kannst mein Blog via Patreon unterstützen und erhältst dafür Zugriff auf aktuell 260 Plus-Artikel. Premium-Unterstützer bekommen weitere Inhalte, wie z.B. Videos. Auch jeder Link in sozialen Medien oder anderen Blogs zu meinen Inhalten hilft mir, Danke!

Erfolgreicher und produktiver werden
Mein E-Book und mein Coaching-Angebot zu den Themen "Get Organized" und "OmniFocus".

Unterstützung bei Apple-Automatisierungen
Ich arbeite seit 2008 mit iPhones und Mac-Computern und habe inzwischen Hunderte von Automatisierungen erstellt. Gerne stelle ich mein Wissen zur Verfügung! Weitere Infos hier.

Über den Autor

Markus Jasinski

Markus Jasinski ist ein Rostocker Unternehmer, Naturwissenschaftler, IT-Spezialist, Autor, Coach, Dänemark-Fan, überzeugter Radfahrer und nicht zuletzt „Computer Geek“ und Smart-Home-Enthusiast. Sein erstes iPhone kaufte der promovierte Naturwissenschaftler im Jahre 2008, kurze Zeit später wurde er dann auch zum Mac-Nutzer. Nach und nach gesellten sich iPad, Apple TV und Apple Watch hinzu.

Um diese vielfältigen Interessen und Aktivitäten "unter einen Hut" zu bekommen befasst sich der gebürtige Westfale seit über zehn Jahren mit den Themen Selbstorganisation und Aufgabenmanagement, die ebenfalls ein Schwerpunkt dieses Blogs sind.

Kommentar schreiben

Kommentare müssen zwischen 50 und 3000 Zeichen lang sein. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Es erfolgt keine automatische Benachrichtigung bei Antworten auf einen Kommentar. Keine Werbung/Werbelinks/Firmenlinks, Hinweise unten beachten!


Alle Kommentare werden moderiert und nur freigeschaltet, wenn sie diesen Regeln entsprechen. Keine Werbung! Bitte nutzt E-Mail für allgemeine und sonstige Anfragen. Leider erlaubt meine Zeit es nicht, technische Hilfestellung oder Support zu leisten.

All comments are reviewed and manually unlocked. Comments that do not refer to the article, are not written in German or contain advertising will be deleted. Please use e-mail for general and other inquiries.