Regelmäßige Leser meines Blogs wissen, dass ich ein riesiger Fan von Sprachsteuerung – in der Apple-Welt auch „Siri“ genannt – bin. Mit großem Interesse habe ich daher vernommen, dass Amazon sein Echo-Gerät (endlich) auf den deutschen Markt bringt, schließlich bietet Apple noch keine stationäre Lösung (sprich einen eigenständigen Lautsprecher) im Bereich Sprachassistenten an. Jüngste Äußerungen aus der Führungsetage, dass so ein Gerät ohne Bildschirm keinen Sinn macht (was ich anders sehe), lassen mich daran zweifeln, dass da bald was kommt. Weil ich Sprachinterfaces bzw. persönliche Assistenten für zukunftsweisend halte – vielleicht sind sie sogar das „next big thing“, habe ich mir ein Echo bestellt. Leider funktioniert das derzeit nur auf Einladung und ich musste von September bis Januar auf selbige warten, nun aber ist das Echo ungefähr eine Woche bei mir und ich kann über meine ersten Erfahrungen berichten.

Das Gerät ist ein etwa 24 cm hoher Zylinder (Durchmesser rund 8,5 cm). Der Mantel dient als Lautsprecher, auf der Oberfläche sind drei Bedienelemente, Aktivierungsknopf, Mikrofonsperre und Lautstärkenregler. Am Zylinderkopf ist ein Leuchtring, der z.B. blau leuchtet, wenn Sprachbefehle erfasst und beantwortet werden. Ein Netzteil versorgt das Ganze mit Strom, weitere Anschlüsse gibt es nicht. Eingerichtet wird das System mit Hilfe der Alexa-App, in meinem Fall der iOS-Version davon. Das funktioniert wie bei vielen anderen Geräten auch, man verbindet das Smartphone mit dem WLAN vom Echo und gibt in der App die WLAN-Daten des Heimnetzes ein, damit das Gerät dieses dann nutzen kann. Viel mehr ist auch prinzipiell nicht nötig, um die ersten Sprachbefehle absetzen zu können. Dazu sagt man das Aktivierungswort „Alexa“ gefolgt vom jeweiligen Anliegen. Es gibt zwei alternative Aktivierungswörter, unverständlicherweise aber nicht „Computer“, ärgerlich für uns Star-Trek-Fans. Weiterhin ist eine Aktivierung per Hardware-Taste möglich, was ich so gut wie nie nutze. Amazon sagt, Sprachdaten werden erst zu den Amazon-Servern geschickt, wenn das Aktivierungswort gefallen ist. Wollen wir hoffen, dass das so ist, jedenfalls ist mir nichts Gegenteiliges bekannt, schließlich hatten Sicherheitsforscher schon einige Zeit, sich mit dem System zu befassen. Mit einer weiteren Taste kann man die Mikrofone – Amazon sagt auf Hardware-Ebene – ausschalten. Der Leuchtring ist dann rot gefärbt. Es sind übrigens sieben leistungsstarke Mikrofone eingebaut, so dass man auch etwas weiter vom Echo weg sein kann und trotzdem noch verstanden wird. Das Gerät kann übrigens auch als ganz normaler Bluetooth-Lautsprecher genutzt werden, mit dem Befehl „koppeln“ wird der Zylinder ein sichtbares Bluetooth-Device, welches man z.B. mit dem Smartphone verbinden kann. Die Qualität der Lautsprecher-Ausgaben ist nebenbei bemerkt recht gut.

Wo sind nun die Unterschiede zu Siri? Den ersten habe ich schon genannt, es ist ein stationäres Gerät, was immer bereitsteht. Das ist schon recht nah am Raumschiff Enterprise, um die Serie nochmal zu bemühen, man kann den Computer einfach und freihändig irgendwas fragen oder machen lassen. Die Spracherkennung funktioniert dabei nach meinen Erfahrungen zuverlässiger und schneller als bei Siri, sodass der Frustfaktor, wenn ich das mal so nennen darf, hier kleiner ist. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass man sich etwas strenger an die Befehlssyntax halten muss als bei Siri.
Der Befehlsumfang vom Echo ist – das ist mein erster Eindruck – erstmal kleiner als bei Siri, kann aber durch Drittanbieter erheblich erweitert werden (dazu später mehr), was bei Siri nur in einigen ausgewählten Bereichen möglich ist. So kann Alexa z.B. keine Anrufe starten, Nachrichten verschicken, E-Mails schreiben oder etwas auf Twitter oder Facebook posten. In den Bereichen Datum, Umrechnungen, Wetter, Sport und Aktien kann Siri – soweit ich das festgestellt habe – mehr (z.B. mehr Feiertage, mehr Währungsumrechnungen, Sporttabellen und Wetter-Einzeldatenabfragen). Für manche Funktionen lebe ich auch einfach im falschen Ökosystem. Wenn man die Kalenderfunktionen nutzen möchte, muss man z.B. einen Google-Kalender haben. Und alles, was mit Musik zu tun hat, geht natürlich über Amazon. Daher musste ich mir erst in Amazon Music einige Playlisten anlegen, um diese Funktionen sinnvoll nutzen zu können.
Kommen wir aber mal wieder zu den guten Seiten des Echos, davon gibt es einige. Das fängt z.B. mit dem Befehl „guten Morgen“ an. Mit der Antwort erhält man einen „fact“ oder „fun fact“ zum jeweiligen Tag, was ich sehr nett finde. In der vergangenen Woche war das z.B., dass die Elbphilharmonie eröffnet wird oder das „Dschungelcamp“ beginnt. Sehr gut gemacht ist auch der Befehl „was gibt’s neues?“, eine Art „Briefing“ aus Nachrichtenquellen (auch von Drittparteien), welches man sich selbst zusammenstellen kann. Bei mir sind das Tagesschau, Wirtschaftswoche, Heise Topnews und Wetter. So kann man schon recht gut informiert in den Tag starten. Das Gerät kann neben Musik auch ganz normale Radiosender (Internet-Streams) abspielen, was für einen zylinderförmigen Lautsprecher natürlich praktisch ist. Dazu sagt man einfach z.B. „Spiele Radio NDR 2“). Siri bietet hier nur den Apple-Sender „Beats One“ an. Zu den Grundfunktionen gehören u.a. noch Hörbücher, Wecker, Timer, Wissensfragen (Hauptstädte, Einwohnerzahlen, Regierungschefs, Berechnungen, Geographie, Infos zu Prominenten, …), eine Einkaufsliste, eine ToDo-Liste, Infos zu Geschäften und Restaurants und jede Menge Smalltalk (Alexas Vorrat an Witzen ist hierbei recht groß). Es ist auch möglich, Amazon-Bestellungen auszulösen und den Lieferstatus abzufragen, dies habe ich allerdings noch nicht getestet. Natürlich gehören heutzutage auch SmartHome-Funktionen zu einem solchen System. So kann „Alexa“ beispielsweise schon mit Bordmitteln meine Hue-Lampen steuern, allerdings ohne die Farben, was sich mit Drittanbietern aber weitgehend beheben läßt.
Richtig spannend wird es ganz allgemein mit eben solchen Erweiterungen, die bei Amazon „Skills“ genannt werden. Die Installation selbiger erfolgt wie die ganze übrige Konfiguration in der Alexa-App. Es gibt zwar noch nicht wahnsinnig viele für das deutschsprachige System, aber die, die es gibt, und ein Blick in die USA zeigen, wie mächtig das Gerät damit wird oder werden wird. Über die App und den Skill „Yonomi“ kann ich z.B. mein „Logitech Harmony“-System ansprechen, d.h., ich habe nun Sprachbefehle wie „Fernseher einschalten“ oder „Stereoanlage ausschalten“, die selbiges dann auch tun. Dieser Skill kann auch mein Hue-System besser ansprechen und ermöglicht eine weitergehende Lampen- und Farbsteuerung. Darüber hinaus gibt es Skills für eine Reihe weiterer SmartHome-Systeme, einschließlich Heizungssteuerung. Mit dem Skill „Heim-Wetterstation“ kann ich die Daten meiner Netatmo-Wetterstation per Sprache abfragen, einschließlich der aktuellen Außentemperatur. Schließlich beantwortet der Skill „Deutsche Bahn“ Fragen zu Zug- und Busverbindungen, auch im hiesigen Nahverkehr. Das System ist also weit offen und ich bin sehr gespannt, was da noch alles kommen wird.
Insgesamt kann das Amazon Echo meiner Meinung nach schon jetzt so viel, dass es über den Spielkram-Status hinausgeht. Ich finde, Siri und Alexa ergänzen sich gut.
Update vom 23.01.2017: Inzwischen ist eine neue Firmware-Version erschienen, die tatsächlich das Aktivierungswort „Computer“ zuläßt (liest Amazon hier mit?). Da kommt wirklich echtes Enterprise-Feeling auf, welches ich nicht mehr missen möchte, auch wenn ich den Eindruck habe, dass die Erkennung ein klein wenig schlechter geworden ist als mit „Alexa“.